Wiesbadener Juristenband - Rückblick

Kleine Chronik der Wiesbadener Juristenband

Es war beim Wiesbadener Juristenball 1971 im Friedrich-von-Thiersch-Saal des Wiesbadener Kurhauses, als sich einige Juristen auf Anregung ihrer Kollegen und Kolleginnen zusammenfanden, um "just for fun" noch einmal die Musik " Dixieland und Swing - lebendig werden zu lassen, die sie schon während ihres Studiums gespielt hatten und der noch immer ihre Liebe galt. Der spontane Auftritt hatte so großen Erfolg, dass er zum Weitermachen anspornte. Bald fanden die swingenden Juristen mit ihrer fröhlichen und mitreißenden Musik wachsende Kreise begeisterter Anhänger und wurden immer häufiger zu den verschiedensten Anlässen eingeladen.

Auch die Medien begannen sich für die außergewöhnliche Formation zu interessieren. Wo gibt es schon eine Gruppe von Juristen, die Jazz macht. Das traut man den " oft zu Unrecht " als "trocken" verschrieenen Rechtsvertretern nicht zu. Unter Titeln wie "Justitia swingt", "Die musikalischen Paragraphenreiter" oder "Im Zweifelsfall für den Jazz" wurde über die Wiesbadener jazzenden Juristen berichtet, die so dazu beitragen konnten, das Bild ihres Berufsstandes in der Öffentlichkeit in freundlicher Weise zu verändern. "Auf jeden Fall" " schrieb ein Journalist " "treiben sie Sympathiewerbung für die Justiz zum Nulltarif."

Stationen der "Fernsehkarriere" der Band waren neben dem "Blauen Bock" mit Heinz Schenk, dem "Großen Preis" mit Wim Thoelke, ARD-Ratgeber Recht, ZDF-Fernsehgarten, NDR- und SWF-Talkshow, Drehscheibe, Tele-Illustrierte, ZDF-Sportstudio u.a. Das führte zu überörtlicher Bekanntheit und entsprechenden Auftritten. So haben die Juristen in vielen Städten Deutschlands, von Hamburg bis München, von Düsseldorf bis Schwerin, aber auch im Ausland, etwa beim Wiener Juristenball in der Hofburg oder auf einer eleganten Yacht in New York gespielt. Mehrfach repräsentierte die Band das Land Hessen - z.B. in Bonn oder in Brüssel " und die Landeshauptstadt Wiesbaden, etwa bei Veranstaltungen in den Wiesbadener Partnerstädten Görlitz, Klagenfurt, Montreux und San Sebastian als musikalische Botschafter ihrer Heimatstadt. Bei mehreren Kreuzfahrten war die Band auf den Weltmeeren zwischen Singapur und Nizza, Kairo und Spitzbergen unterwegs.

Nicht geringen Raum nehmen selbstverständlich "berufsnahe" Veranstaltungen ein. Amtswechsel von der Staatsanwaltschaft bis zum Oberlandesgericht, Einweihung von Justizneubauten, Jubiläen " immer wieder wird die Mitwirkung der Wiesbadener Juristenband als erfreuliche Auflockerung der ansonsten häufig sehr "offiziellen" Feiern empfunden. In der Staatskanzlei und im Justizministerium, im Hessischen Landtag oder in den Universitäten Frankfurt, Mainz und Marburg war die Juristenband ebenso wie beim Bundesgerichtshof und beim Bundesverfassungsgericht zu verschiedenen Anlässen gern gesehener Gast, und auch die Standesvertretungen von Richtern, Rechtsanwälten oder der Polizei haben die Wiesbadener Juristenband immer wieder gern herangezogen.

Bemerkenswert konstant ist die personelle Zusammensetzung der Band. Über Jahrzehnte gab es einen Wechsel nur bei Klarinette und Saxophon: Hier trat an die Stelle von zunächst Loca Stiplosec Mitte der 80-er Jahre Peter Köhler aus der Hessischen Staatskanzlei, der sich zugleich als Jazzkenner und "Referent" einen Namen machte. Nach dessen plötzlichem Tod im Dezember 1993 wurde Max Fröhlich " Jahrgang 1921! " bis zu seiner "Pensionierung" 2011 der agile Senior der Band. Ihm ist jetzt Michael Borhauer gefolgt. Im Frühjahr 2009 verstarb mit Dr. Bernhard Kaufmann, Vorsitzender Richter am Landgericht Wiesbaden a.D., der stets besonders engagierte Pianist der Band. An seine Stelle ist Wilfried Jüterbock, Ministerialrat a.D. im Hessischen Innenministerium, getreten. Der vielseitige Jazzer und Präsident des Rheingauer Jazzclubs - Edu Jung, der schon häufig das musikalische Erscheinungsbild der Band durch seinen jazzigen Gesang bereichert hatte, hat inzwischen auch die Position des Bassisten übernommen, nachdem sich Dieter Schmidt 80-jährig aus der aktiven Tätigkeit zurückzog. Anfang 2014 trat auch Albert Hemes in den Ruhestand und der Posaunist Erich Schilling kam in die Band.

Auch Jazz-Professionals wie etwa Spiegle Willcox, Beryl Bryden oder Hazy Osterwald sind gern bei der Wiesbadener Juristenband "eingestiegen.". Mit Bill Ramsey zusammen hat die Band eine Langspielplatte produziert. Der von der Band gepflegte Stil hat sich im Lauf der Jahre verändert. Während zunächst nur Dixieland gespielt wurde, wurde die musikalische Palette später zunehmend durch Stücke aus dem klassischen Swing-Repertoire erweitert und farbenreicher gestaltet. Den immer wieder geäußerten Wünschen ihrer Fans entsprechend hat die Wiesbadener Juristenband im Lauf der Jahre sieben Tonträger produziert, und zwar drei Langspielplatten sowie jeweils eine CD zum 20-jährigen, zum 25-jährigen und zum 30-jährigen Jubiläum. Die zum 35-Jährigen erschienene CD enthält eine Auswahl aus den früheren Produktionen im Sinne eines "Best of", ergänzt um aktuelle Live-Aufnahmen mit Duncan Galloway, der "Stimme des Swing", dem Sänger und Frontmann des international bekannten "Pasadena Roof Orchestra" aus London, den die Band bei einer Kreuzfahrt kennengelernt und zum Freund gewonnen hat.

Soziales Engagement empfindet die Wiesbadener Juristenband als durchgängige Verpflichtung. Auftritte in Altenheimen und in Kirchen, zugunsten der Lebenshilfe, des Seniorenbeirats der Stadt oder der Landesseniorenvertretung, des Palliativzentrums oder der Jugendgerichtshilfe, der Behindertenwerkstatt oder der Schlaganfall-Initiative gehören zu ihrem Programm; die Umgestaltung der Alten Kirche in Niedernhausen zu einem Kulturzentrum hat sie über viele Jahre durch unentgeltliche Auftritte gefördert.

Vor allem aber erbrachten die Benefizkonzerte aus Anlass der "runden" Jubiläen der Band " beginnend mit dem 20. " erhebliche Leistungen zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen. So konnte 1971 ein Auto für das Albert-Schweitzer-Kinderdorf in Hanau beschafft werden, und bei den folgenden Veranstaltungen, die stets im ausverkauften Großen Saal des Kurhauses stattfanden, konnten jeweils Beträge in fünfstelliger Höhe an die Begünstigten, das Herz-Jesu-Altenheim in Wiesbaden-Biebrich, die Behindertenwerkstatt, den Förderverein Zwerg Nase und den Hospiz-Verein Auxilium überwiesen werden. Dazu kommen anteilige Erlöse aus dem Verkauf von Schallplatten und CDs der Band. Der guten Tradition entsprechend ist auch das 40-jährige Jubiläum der Band wieder mit einem Benefizkonzert, dieses Mal im Großen Haus des Hessischen Staatstheaters in Wiesbaden, gefeiert worden, bei dem sich ein Reinertrag in Höhe von 11.000 Euro zugunsten des Fördervereins "HSK-Initiative gegen den Schlaganfall e.V." ergeben hat.

Im Februar 2011 ist der Wiesbadener Juristenband in Anerkennung ihrer Aktivitäten der "Ehrenpreis für besonderes kulturelles Engagement" der Landeshauptstadt Wiesbaden zuerkannt worden.